4E-Kognitionswissenschaft und Transsexualität verstehen (3)
Eingebettete Kognition (#embedded)
Eingebettete Kognition besagt, dass unser Geist immer in einem physischen und sozialen Umfeld verankert ist. Wir denken und fühlen nicht im luftleeren Raum, sondern im Kontext unserer Umgebung, Kultur und Gesellschaft. Für trans Personen sind sozialer Kontext und Umfeld entscheidend: Ob Familie, Freundeskreis, Schule oder Arbeitsplatz – die Reaktionen und Normen der Umgebung beeinflussen maßgeblich das Erleben der eigenen Geschlechtlichkeit. Stellen wir uns zwei Situationen vor: In Umfeld A wird eine trans Frau von ihren Mitmenschen vollständig als Frau akzeptiert – mit richtigem Namen und Pronomen. In Umfeld B hingegen wird sie ständig misgendert (also mit dem falschen Geschlecht angesprochen) oder ausgegrenzt. In Umfeld A fühlt sich die Person vermutlich bestätigt und sicher; in Umfeld B entwickelt sie vielleicht Stress, Angst oder Zweifel an sich selbst. Der #4E-Ansatz würde sagen: Diese unterschiedlichen geistigen Zustände entstehen nicht nur aus der Person allein, sondern aus der Interaktion mit der Umwelt. Die Umgebung bietet Reize, Anerkennung oder auch Ablehnung, und der Geist der Person reagiert eingebettet darin.
Ein alltägliches Beispiel ist der Besuch einer öffentlichen Toilette: Viele trans Personen erleben hier Stress, weil die zweigeteilte Umgebung („Damen“ vs. „Herren“) sie vor eine schwierige Wahl stellt. Eine eingebettete Perspektive versteht, dass solche Umgebungsfaktoren direkt auf das Denken und Fühlen zurückwirken – sie sind Teil des Problems und der Lösung. Wird z.B. eine gender-neutrale Toilette angeboten (Umgebung angepasst), reduziert das den mentalen Stress. Forschung zeigt auch, dass Geschlechtsausdruck immer im Bezug zu anderen Menschen passiert. Trans Personen „teilen“ ihre geschlechtliche Existenz mit der Umwelt, etwa indem sie durch Kleidung und Stil signalisieren, wer sie sind – und diese Signale werden von anderen aufgenommen oder ignoriert. Fehlende Akzeptanz von außen kann sogar körperliche Stressreaktionen bei der betroffenen Person auslösen und verletzen, also Traumen setzen. Rein biologische Modelle, die nur auf Gene oder Hirnchemie schauen, blenden solche sozialen Einflüsse aus. Der eingebettete Ansatz erfasst hingegen, wie sehr soziale Unterstützung oder Druck das innere Erleben formen. Kurz: Das Verständnis von Transsexualität wird tiefer, wenn man den sozialen und kulturellen Kontext mitdenkt, in dem sich eine Person bewegt.
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